Grenzgewässer
Aktualisiert: 17. Mai 2022

Mmh, Sommer!
Die Sonne brennt auf der Haut, das kühle Wasser im See wäscht die Hitze weg. Grüne Stille rundherum. Zurück durch den Wald mit einem Eis in der Hand. Zitrone!
Kindheitserinnerungen. Einmal im Jahr haben wir meine Tante in Berlin besucht. Sie wohnte in Kladow, nahe am Wannsee. Am Imchenweg waren wir immer beim Chinesen essen. Ein Privileg, was drüben, auf der anderen Seite unseres Badesees nicht so einfach ging.
Meine Eltern sind abgehauen, der Rest der Familie blieb im Osten. Ich erinnere mich sehr an die Sommerferien mit all den Cousins und Cousinen in der Nähe von Leipzig. Braunkohle lag in der Luft. Und in der roten Jahne gab es Brausepulver. Die Ration Haribo, die wir aus dem Westen mitbrachten, war ja im nu alle.
Und dann waren wir eben auch in Berlin, am See bei meiner Tante. Sie rauchte, stark. Das Haus war dunkel, der Garten gross. Auf Kassette liefen die immergleichen Schlager:
Das ist die Berliner Luft, Luft Luft …
Hm, ja, die Luft in Berlin war leichter und freier, roch nach Sommer: Kiefer, Zitroneneis und Sonnencreme. Man sollte ein Parfum danach kreieren, um dieses Gefühl bei sich tragen zu können. Wenn nur nicht die verdammten Mücken gewesen wären!
20 Jahre später: Die Mücken und die Tante sind tot. Das Haus ist heller, die Grenze weg. Meine Eltern erzählten mir, sie lief mitten durch unseren Badesee. Damals war ich zu jung, um das zu begreifen. Heute paddel ich mit meinem Sohn auf unserem See von West nach Ost. Drüben am Strand gibt es einen kleinen Kiosk, die Seeperle. Dort gibt es Zitroneneis. Es schmeckt nach Sommer und Freiheit!