top of page

Stoppelfelder im Gesicht

Weizenblond, kratzig und sonnenverbrannt - dein Gesicht an meinem und der Acker vor meinem Haus. Es ist Anfang August und deine Lachfalten ziehen sich wie Furchen um deine Mundwinkel als Zeichen unseres unbeschwerten Glücks. Deine Haut riecht nach Sonnencreme und du schmeckst nach Salz. Die Tage verfliegen schnell wie der Duft nach Kiefern im Wald. Sommerzeit fließt anders als im Winter, wo die Stunden zäher sind. Jetzt vergehen die Minuten im Flug der kreisenden Möwe, die hier im Wasser landet und da im Sand faulenzt.


Dazwischen gibt es Eis und Pommes und schon ist wieder Montag.

Kennengelernt haben wir uns im Frühling. Dein schelmisches Lachen und die Grübchen zeugten von deinem Humor und die Wärme deiner braunen Augen ließen meine Zweifel zerschmelzen wie das erste Schokoladeneis, was wir uns teilten. Deine Küsse schmeckten süß und stoppelig und weckten die Sehnsucht nach mehr und die schönste Zeit des Jahres brachte Erfüllung und nahm uns vollkommen gefangen in warmen Tagen und heißen Nächten.


Der Geschmack nach Sonne, Schweiß und Schokolade bleibt für immer mit dir verbunden.

Was nach dem Sommer kommt, wollen wir beide nicht wissen. Du arbeitest im Bootsverleih deines Vaters, ich in der Pizzeria gegenüber. Abends, wenn die Gäste weg sind, bestellen wir die letzte Pizza Tonno Peperoni, klauen 2 Bier und du ruderst uns in die Mitte des Sees, wo wir die Sonne orangerot baden gehen sehen und auch wir die Stille des Wassers stillschweigend genießen. Nie fühlte ich mich mehr vereint mit der Jahreszeit und meinem Gegenüber, denn du bist sonnengebräunt, wassergekühlt und windverworren wie ich. Zurück am Land vertäuen wir das Boot und gehen in unser Zelt. Morgen ist wie heute, eine Perlenschnur schöner Momente.

Doch irgendwann ist auch die Malakette zuende gezählt und im Flow der Meditation nicht enden wollender Stunden klingt der Klang der Glocke so abrupt: Sommerferienende, Start des neuen Semesters.


Du in Berlin, ich in Dortmund.

Du hast dir deine Stoppeln abgemäht, glattes Feld zum Unistart. Die raue warme Vertrautheit weicht der Verantwortung für ein Studentenleben, was keine sorglosen gemeinsamen Stunden verspricht, sondern lange Zugfahrten statt Sonnenuntergänge im See. Die Stoppelfelder in deinem Gesicht und dein Lachen sind wie die Blätter der Bäume im Herbst abgefallen. Still und nackt stehst du vor mir. Die Sonne glänzt noch in deinen Augen wie die Hoffnung in mir, die den Sommer und deine Liebe festhalten und in den Winter retten möchten. Warmes Brot gibst du mir als Geschenk mit in den Zug;


Es riecht nach Weizenfeldern, die Kruste ist rau und hart und innen drin ein warmer, weicher Kern - wie du! Bleibst du?
24 Ansichten2 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Meersalz

Zeit wie Wolken

bottom of page